Im Kunstraum Dornbirn nimmt Erwin Wurm die Besucher auf eine Zeitreise in das Österreich der 1960er und 1970er Jahre mit. Er stellt den Prototyp eines klassischen Einfamilienhauses mit Satteldach in die historische Ausstellungshalle. Das maßstabsgetreu seinem Elternhaus in der Steiermark nachgebaute „Narrow House“ ist in der Breite auf gut einen Meter reduziert. Auch das Inventar- von den Sanitäreinrichtungen bis zu Telefon und Essgeschirr- wurde originalgetreu, aber in gestauchter Form gestaltet. Die Besucher können sich in das komplett möblierte Innere hineinzwängen und so die Enge und die verzerrte Proportion selbst erfahren. Das Einfamilienhaus als Symbol von Privatheit, aber auch Kleingeistigkeit präsentiert sich als zusammengepresste Welt. Die Verwendung von vordergründig persönlichen Elementen, wie Möbel und Fotos, dient lediglich als Metapher für die Realisierung von Wurms Ideen. Das „Narrow House“ visualisiert auf zynische Weise, wie sich Architektur in Zeiten zunehmender Raumknappheit entwickeln könnte.
Erwin Wurm, der weltweit zu den erfolgreichsten Gegenwartskünstlern zählt, hat den Bezug der Skulptur zum Menschen u.a. mit den legendären „One Minute Sculptures“ neu definiert. Ausgangsmateralien seiner Arbeiten sind häufig Gebrauchsgegenstände, die überlicherweise nicht der Kunst zugeordnet werden. Indem Erwin Wurm Mode, Werbung, Konsumkult, Schlankheitswahn, Fettsucht und Szenerien des Alltäglichen thematisiert und verzerrt, trifft er präzise den Nerv unserer Zeit und gibt ungewohnte Einblicke in das Wesen der Menschheit und das Funktionieren unserer Gesellschaft.
Kuratorin: Ingrid Adamer