Kunst Raum Stadt: Erwin Wurm

Augmented Reality im öffentlichen Raum

  • Kunst Raum Stadt
    „… den Blick auf unsere Welt schärfen und verändern.“ Erwin Wurm

Der Kunstraum Dornbirn präsentiert in einem gemeinsamen Kunstprojekt mit der Stadt Dornbirn ein neues Ausstellungsformat, das den öffentlichen um den digitalen Raum erweitert. Mittels Augmented Reality (AR) können Besucher*innen im Stadtgebiet von Dornbirn eine Ausstellung mit digitalen Skulpturen von Erwin Wurm entdecken und erleben.

Das digitale Ausstellungsprojekt ist eine Welt-Premiere und zugleich ein erster sichtbarer Schritt der in der erweiterten Kulturstrategie 2030 formulierten Maßnahmen. Auf spielerische Weise wird dieses Areal über die Sommermonate künstlerisch aufgeladen und attraktiviert. Kunst Raum Stadt ist eine virtuelle Ausstellung im realen Raum. Dazu werden digitale Skulpturen im realen Raum über QR Codes fixiert. Mittels der wikar AR-APP auf dem Smartphone können Werke des Künstlers Erwin Wurm von den Besucher*innen und ihrer Begleitung betrachtet, fotografisch festgehalten und über Social Media versendet werden. Sie können mit den Skulpturen von Erwin Wurm auf einer virtuellen Ebene verschmelzen und so für einen Moment zu einem partizipativen Teil der Kunstwerke werden. 

Die spezielle Augmented Reality (AR) App wird in Zusammenarbeit des Advanced Visualisation Lab of the National Centre for Supercomputing Applications an der University of Illinois at Urbana-Champaign, dem Cyprus Institute, der DARIAH DIGISH Working Group und BEAMY.space entwickelt. Jürgen Weishäupl ist gemeinsam mit Gerald Matt für die Kuratierung der virtuellen Ausstellung verantwortlich.

#kunstraumstadt

Erwin Wurm zählt zu den international renommiertesten österreichischen Künstlern und hat mit seinen humorvollen Arbeiten immer wieder auch im öffentlichen Raum große Aufmerksamkeit erregt. Wurm ist Träger des Großen Österreichischen Staatspreises (2013) und Österreicher des Jahres (2015) in der Kategorie Kulturerbe. Wie schon in den One Minute Sculptures oder der Objektverschmelzungswerkserie nimmt Erwin Wurm die Betrachter*innen als Ko-Autor*innen des Werkes im Moment der Vereinigung ernst.

Sein Werk ist untrennbar mit der „Erweiterung des Skulpturenbegriffes“ verbunden. In Wurms Werk zeichnen sich bis heute wesentliche Entwicklungslinien von Skulptur im 20. und 21. Jahrhundert ab: über das Objekt zur Handlung und weiter zur Bildwerdung, im Wissen um eine zunehmende Mediatisierung von Welt.

Indem Wurm die Grenzlinien zwischen Skulptur, Aktion und Performance auslotet, erweitert er Bildhauerei um neue Dimensionen. So werden Handlungen, geschriebene und gezeichnete Anweisungen, ja selbst Gedanken bei Wurm zu Skulpturen.

Die zentrale Fragestellung des Künstlers lautet: „Kann ich mit dem Begriff des Skulpturalen den Alltag und unsere Zeit bearbeiten und eine neue Perspektive oder neue Interpretationsmöglichkeit gewinnen?“

Sein künstlerisches Werk reicht von seinen frühen Staubskulpturen (Ende der 1980er Jahre) über die One Minute Sculptures (ab den 1990er Jahren) bis hin zu den Raum füllenden Fat Cars oder Fat Houses (ab 2001). Wurm ändert die Maßstäbe von Dingen, um den Alltag aus einer anderen Perspektive zu zeigen: Statussymbole, wie Autos oder Häuser, werden fett oder auf den Kopf gestellt, andere wie sein Elternhaus Narrow House schrumpfen oder beginnen zu schmelzen Guggenheim Melting, Essiggurken oder Polizeimützen wachsen zu skulpturaler Größe.

Humor ist eine Waffe…

… hat Erwin Wurm einmal gesagt. Doch in den oberflächlich betrachtet ironisch und skurril wirkenden, ihrem Alltag entzogenen banalen Objekte, manifestieren sich Wurms sozialkritische und philosophische Überlegungen zu unserem zeitgenössischen Dasein und der, im Westen, dominierenden Konsum- und Überflussgesellschaft.

Auch der zunächst in vielen künstlerischen Werken verdrängte Mensch kehrt wieder zurück – über die Alltagsobjekte und das Performative rückt Wurm den Menschen und das Anthropomorphe ins Zentrum seiner Arbeit. Dabei geht es in seiner Arbeit um die Dialektik von Anwesenheit und Abwesenheit und die damit verbundene Stimulation unserer Vorstellungskraft. Wurm untersucht dabei auch unser Bild der realen Welt und unsere existentielle Verunsicherung durch deren fortlaufende veränderte und verzerrte Darstellung in den sozialen Medien.

Für die im Stadtraum von Dornbirn stattfindende Ausstellung erweitert Erwin Wurm seine Auseinandersetzung mit dem Begriff und der Natur des Skulpturalen um ein virtuelles Medium. Dabei geht es nicht darum, das Werk dieses wohl renommiertesten österreichischen Gegenwartskünstlers retrospektiv zu zeigen. Vielmehr wird die Stadt selbst die Rolle eines Generators einnehmen und mit den Besucher*innen selbst und aktiver Bestandteil des Geschehens sein. Dieses Wechselspiel mit dem öffentlichen Raum Dornbirns macht die Vielschichtigkeit und inhaltliche und formale Komplexität der Kraft von Erwin Wurms Werken deutlich.

Das Einlassen auf Wurms Vexierspiel zwischen Kritik und Ironisierung sowie Distanz und Interaktion und die damit verbundene Befragung des Verhältnisses von Kunst und Gesellschaft lässt die Besucher*innen kaum unberührt und bietet vielfältige Möglichkeiten für Diskurs und Reflexion über unser Sein in einer digitalen Welt.

Es wurden sechzehn Arbeiten von einer riesigen Polizeimütze, Police Cap Levitating – eine One Minute Sculpture beim Haupteingang des Rathauses, bis zu überdimensionalen Gurken,  von einem aufgeblasenen, „übergewichtigen“ Cabriolet , bis hin zu einer schwarzen Fatpistole , für die Präsentation im virtuellen und gleichzeitig realen Raum gescannt. Die Werke erstehen über die wikar AR-APP lebensecht vor den Augen der Besucherinnen und Besucher.

Elemente des Performativen, Partizipativen und der skulpturalen Setzung werden so zueinander in Beziehung gebracht. Dabei beginnen sich sowohl räumliche als auch zeitliche Strukturen potenziell aufzulösen. Sowie Wurm in seinen One Minute Sculptures Menschen mit Alltagsgegenständen posieren lässt oder sie zur Einnahme ungewöhnlicher Positionen motiviert, so laden die virtuell anwesenden Objekte zur Interaktion und Kommunikation ein.

 

Erwin Wurm
(*1954) lebt in Wien und Limberg, Österreich. Das umfangreiche Verzeichnis seiner Einzel- und Gruppenausstellungen und der Sammlungen, in denen seine Arbeiten vertreten sind, finden Sie auf erwinwurm.at

 

Erwin Wurm, Kunst Raum Stadt, Augmented Reality 2021
Erwin Wurm: "Erwin Levitating", Kunst Raum Stadt, Augmented Reality 2021
Kunst Raum Stadt, Erwin Wurm, Lemon Tree (c) Studio Erwin Wurm, 2021
Erwin Wurm: "Banana Levitating", Kunst Raum Stadt, Augmented Reality 2021
KRS Projektpartner
KRS Projektpartner Jürgen Weishäupl, Bgm Andrea Kaufmann, Thomas Häusle - digital Gerald Matt und ERWIN WURM