"Einfach Kunst" macht die Ausstellungen greifbar und gibt schnelle und spannende Einblicke in die jeweiligen Werke.

Press Preview
Mittwoch,25. Juni 2025, 10:30 Uhr
Eröffnung
Donnerstag, 26. Juni 2025, 19 Uhr
Künstlerinnengespräch
Freitag, 27. Juni 2025, 14 Uhr
Reiseziel Museum
Sonntags, 6. Juli, 3. August und 7. September 2025, 10-17 Uhr
Mehr Informationen finden Sie hier.
After-Work-Tour
21. August und 25. September 2025, 18 Uhr
Ausstellungsdauer
27. Juni – 2. November 2025
Di – So, 10-18 Uhr
Dicht, pastellig bunt und einladend zeigt sich die neue Arbeit von Karla Black im Kunstraum Dornbirn. Die schottische Künstlerin hat für die ehemalige Montagehalle eine Landschaft entworfen, die zum Wandeln, Staunen und Genießen einlädt. Mit alltäglichen, für die Kunst teils ungewöhnlichen Materialien vermag sie es, eine raumfüllende Kombination aus Material, Form und Farbe zu schaffen, deren beglückende Erfahrung alle Sinne anspricht.
Von der 11 Meter hohen Decke hängen im ganzen Raum unzählige Bahnen leicht farbigen Toilettenpapiers. Dazwischen sind Schnüre angebracht, an denen in Papier abgeformte Silhouetten von Halbkugeln oder durchscheinende farbige Folien hängen, die zu wundersamen leichtfüßigen Gebilden verschnürt werden. Das sphärisch Schwebende und Herabhängende wird visuell aufgefangen durch das Stehende und Liegende: Auf den Lichtungen zwischen Toilettenpapier und Schnüren sind Skulpturen platziert, die eine poetische Verbindung aus stehendem Papier und haltender Gipsform eingehen. Das Toilettenpapier endet am Boden auf Flächen, welche aus Gips- und Pigmentpulver gesiebt sind. Darin laufen die Streifen aus, die letzten liegenden Blättchen pudrig bedeckt. Die Ränder der unterschiedlich farbigen Areale sind eingefasst von gekräuseltem Toilettenpapier. Badekugeln als Tortenstücke oder in floralem Design sowie Makeup-Kügelchen sind auf dem farbigen Grund verteilt. Diese flächendeckend ausgeführten Bodenarbeiten betreten wir auf vorgegebenen Wegen, auf denen wir in die fantastische Landschaft mit dem Titel „Safety As A Stance“ eintreten können. Außerdem geben sie dem Raum eine harmonisch pastellige Palette an Grundfarben, welche sich von Rosa über Pfirsich bis Beige und Gelb zusammensetzen. Trifft Tages- oder Sonnenlicht die Materialien, so strahlen sie in ihrer Pastellfarbigkeit und färben die gesamte Atmosphäre ein. Dies verdichtet erheblich die ganzheitlich angelegte Erfahrung von Material und Farbe in Blacks Arbeiten.
Manchmal erhaschen wir im Raum auch einen Anblick unserer selbst: Die hintere Längsseite der Halle hat Black unter dem Titel „Looking Glass (picture grid)“ mit unzähligen Spiegeln in den einzelnen Feldern der riesigen Sprossenfenster verkleiden lassen. Einige der Felder sind von Hand bemalt, zeigen Markierungen und farbige Gesten auf dem spiegelnden Untergrund. Die Erweiterung des Raums und die Doppelung des gespiegelten Bildes wirken entgrenzend und lösen den erfahrbaren Raum in Fragmente auf.
Die Dornbirner Ausstellung macht lustvoll nachvollziehbar, welchem formalästhetisch orientierten Verständnis von Skulptur, sprich der reinen Form und Wirkung des Kunstwerks entsprechend, Black eine eigene künstlerische Sprache von sehr besonderer Kraft gibt. Sie sagt dazu: „Mein Werk ist im Wesentlichen formal. Sein Hauptinteresse ist ästhetisch. […] Was in ihm vorgeht, ist die Bearbeitung und Wiederbearbeitung des Verhältnisses von Farbe, Form, Material und Komposition.“[1] Die Darstellung ist immer abstrakt, nie figurativ. Physische Repräsentation des Menschlichen gibt es ausschließlich durch die leibhaftige Anwesenheit von Besuchenden oder ausschnitthaft in ihren gestisch bemalten Spiegelarbeiten, deren pastoser Farbauftrag oder stellenweise Auslassungen ein undeutliches oder zerstückeltes Spiegelbild zeigen.
Abstrakt ist die Arbeit aber nicht nur in Bezug auf das Dargestellte, sondern in besonderer Form auch in Bezug auf die Verwendung der gewählten Materialien. Denn diesen wird keine feste und häufig auch keine permanente Form gegeben. Wenn beispielsweise Gipspulver zum Einsatz kommt, so wird das nicht wie üblich mit Wasser zu einer aushärtenden Masse vermengt, sondern im ursprünglichen Zustand verwendet, es wird gesiebt, geschichtet, über Folien gepudert und vieles mehr. Dass es potenziell eine feste Form haben könnte im nächsten Schritt der Bearbeitung, lässt das Material nach unserem Verständnis in einem unfertigen Zustand. Dieses Beispiel macht deutlich, dass mit der Beschaffenheit und Bestimmung von Materialien auch Handlungsanweisungen verbunden sind, deren Ausführungen Black verweigert. Ihre Arbeiten erhalten dadurch eine sehr reizvolle Unbestimmtheit, einen Zwischenzustand von roh und fertig.
Der Anfang allen Arbeitens ist Blacks Freude am Umgang mit einem bestimmten Material. Dabei ist nicht entscheidend, um welche Art es sich handelt. Die Palette speist sich nicht nur aus traditionellen Kunstmaterialien, unter denen wir etwa Acrylfarbe, Pigment oder Gips verstehen würden, sondern bezieht jegliche Materialien aus der Alltagswelt mit ein, die dem Zweck dienlich sind, unter anderem Kunststofffolie, Seife, Make-up oder Toilettenpapier. Entschieden klar definiert ist dagegen das Medium, welchem Black ihre Arbeiten zuordnet: Es ist dezidiert die Skulptur. In ihrer Praxis greift sie experimentell aus in andere Bereiche. Ihre Arbeiten sind eindrucksvolle Raumerfahrungen, die sich frei und ungezwungen aus den Bereichen der Malerei, der Installation, des Environments oder der Performance bedienen. Trotz der medienübergreifenden Ausflüge sind Blacks Präsentationen immer Skulpturenausstellungen. Der Begriff der Skulptur wird spielerisch, aber dabei sehr präzise verankert in der Materialästhetik, auf die Probe gestellt und damit die Grenzen und Möglichkeiten permanent einer erweiterten Befragung unterzogen.
Black lässt immersive Situationen entstehen, in denen die ephemer wirkende Fragilität von Materialien wie Puder oder Papier sich paart mit der Stärke und Beständigkeit der behutsam raumgreifenden Formate. In Dornbirn kombiniert sie dafür bestehende Werke mit neu geschaffenen Arbeiten sowie skulpturalen Strategien und Versatzstücken, die aus vorangehenden Produktionen bekannt scheinen. In dieser Wiedererkennbarkeit steckt für uns Betrachtende die nachvollziehbare Entwicklung und Funktion der Neukombination in dem von ihr erarbeiteten formalästhetischen Ansatz. Ihre Produktionsweise ergibt sich aus den physischen Bedingungen, zu denen sie neben ihrer eigenen Verfasstheit auch die jeweilige Architektur mit ihren räumlichen Spezifikationen zählt. Im Rahmen dessen reagiert sie vorrangig emotional, sie schöpft aus einem Bereich jenseits der Sprache, wie der unbewussten Intuition. In kleinteiliger Arbeit siebt, schichtet, häuft oder schüttet, verknotet, hängt und schmiert Black ihre Materialien, sodass vor Ort im Ausstellungsraum die Arbeit ihre Form erhält. Das Intuitive des Anfangs wird im Prozess der Arbeit in den nächsten Schritten vom Bewussten begleitet, von der gedanklichen Einbeziehung eben jener physischen Bedingungen oder der schlussendlichen Formgebung und Wirkung.
Ästhetische Wirkung – das heißt einerseits Schönheit, aber auch die Natur der Materialien und die Komposition der Elemente sowie Erfahrung und Sinnesgenuss durch die Arbeiten – ist selbstreferenziell und kompromisslos, also ohne inhaltliche Bedeutung von außen, die wichtigste Kategorie. In Dornbirn können wir erleben, dass inhaltliche gestalterische Referenzen dennoch eine Rolle spielen können: Black schafft mit ihren Bodenarbeiten Wegigkeiten, auf denen wir in die Arbeit hinein gehen können. Die von Toilettenpapier eingefassten Flächen wirken wie Beete, die Assoziation zu Gartengestaltungen, in denen Bepflanzungen zu prunkvollen ornamentalen Gebilden geraten, ist kein Zufall. Seit Beginn der Projektplanung sind die teilverspiegelten Fenster der Montagehalle Teil der Ausstellung. Black selbst formuliert klare Bezüge zur Gartengestaltung und zum berühmten Spiegelsaal von Schloss Versailles. Nicht nur erinnert die Struktur der Fenster in der Halle an die dortigen Spiegelnischen. Blacks gesamte Formsprache und Farbwahl ist seit jeher erkennbar beeinflusst von gestalterischen Elementen des Barock und Rokoko, denen sich auch die Gestaltung ebenjenes Spiegelsaals verdankt. Die verspielte Ästhetik, schwingende Linien, wallende Stoffe, Asymmetrien, pastellfarbene Töne oder naturbezogene Motive hielten Einzug in ihre Arbeit. Sie überführte die Aspekte in die Abstraktion und vereinte sie mit ihrem Materialvokabular zu einer eigenständigen Formsprache, die ihr international zum Alleinstellungsmerkmal wurde.
[1] Karla Black, Kunstforum International, Band 227, 2014, S. 209-210.
Biografie Karla Black wurde 1972 in Alexandria, UK, geboren, sie lebt und arbeitet in Glasgow, UK. Die Künstlerin vertrat Schottland auf der 57. Biennale von Venedig (2011) und ihre Arbeit wurde auf der Manifesta 10 in St. Petersburg (2014) gezeigt. Ihre immersiven, häufig ortsspezifischen Installationen wurden in zahlreichen Einzelausstellungen gezeigt, beispielsweise von der Bechtler Stiftung, Uster (2024), New Art Gallery Walsall (2023), Modern Art Gallery, London (2022), Fruitmarket Gallery, Edinburgh (2021), Des Moines Art Centre (2020), Schirn Kunsthalle, Frankfurt (2019), Le Festival d’Automne, Paris (2017), Museum Dhondt-Dhaenens, Deurle (2017), Scottish National Gallery of Modern Art, Edinburgh (2016), Irish Museum of Modern Art, Dublin (2016), Gemeentemuseum, Den Haag (2013), Dallas Museum of Art (2012), Gallery of Modern Art, Glasgow (2012) und anderen.
"Einfach Kunst" macht die Ausstellungen greifbar und gibt schnelle und spannende Einblicke in die jeweiligen Werke.
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