Heimspiel 2021

  • „Heimspiel“ ist ein grenzüberschreitendes Ausstellungsformat im Vierländereck. International etablierte Institutionen öffnen alle drei Jahre ihre Programmatik für Gruppenausstellungen, die Einblick in das gegenwärtige Schaffen im Bereich der Bildenden Kunst in Vorarlberg, Liechtenstein und den Schweizer Kantonen Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden, St. Gallen, Thurgau und Glarus ermöglichen. Renommiertes wie Neues, Bewährtes wie Experimentelles hat gleichermaßen seinen Platz. Ausstellungsorte sind das Kunstmuseum St. Gallen und die Kunst Halle Sankt Gallen, der Kunstraum Dornbirn, die Kunsthalle Ziegelhütte in Appenzell und das Kunsthaus Glarus. Die Ausstellungskooperation soll zu Begegnungen, zur Vernetzung und Kommunikation sowie zu länderübergreifendem Austausch führen.

Der Kunstraum Dornbirn fokussiert in seinem Programm auf raumgreifende Installationen und Environments nationaler und internationaler Künstlerinnen und Künstler, welche in der Regel für den Raum konzipiert und in jenem produziert werden. Für „Heimspiel“ verlassen wir diese programmatische Schwerpunktsetzung. Videoarbeiten von Gilgi Guggenheim, Claudia Larcher, Ursula Palla, Stoph Sauter, Liddy Scheffknecht, Veronika Schubert und Cristina Witzig sowie einem Objekt von Simon Kindle und Performances von Bella Angora und Ronja Svaneborg finden im ortsspezifischen Ausstellungsdisplay ihren Platz.

Der Kunstraum Dornbirn als Blackbox

Die historische Montagehalle wird in eine Blackbox zur Verhandlung von Raum und Ort, Wahrnehmung und Licht sowie deren Reflexion, Veränderung und Verlust in Film-, Video- und Medienarbeiten verwandelt. Ein abgedunkelter Raum entzieht uns grundsätzlich alle Bezugs- und Orientierungspunkte. Die Blackbox stellt in der Ausstellungspraxis innerhalb der bestehenden Architektur eine Raumsituation her, die ihrer sichtbaren Parameter entledigt wird. Sehen und Hören können gezielt gelenkt werden, Medien wie Projektion, die im Tageslicht unsichtbar wären, werden zu konzentrierten Lichtquellen. Das Zusammenspiel der künstlerischen Positionen in ihren jeweiligen visuellen Eigenständigkeiten bietet einen konzentrierten Blick auf die Verhandlung der adressierten Themen. 

Performanceschwerpunkt zur Finissage im Februar 2022

Im Rahmen von „Heimspiel“ entwickeln die Künstlerinnen Bella Angora und Ronja Svaneborg jeweils eine neue Performance. Die Ausstellung endet am 25. und 26. Februar 2022 mit der Erstaufführung beider Werke.

Performanceschwerpunkt zur Finissage

25. -26. Februar 2022

Im Genre der Performance realisiert die Künstlerin oder der Künstler die Arbeiten in situ und zu einem festgelegten Zeitpunkt. Selbst wenn videografische oder fotografische Dokumentationen entstehen, so ist der Aufführungscharakter in Echtzeit nicht zu ersetzen, der von der physischen Gegenwart des Publikums lebt. Die medienimmanente Abkehr vom verkäuflichen Objekt hin zur prozesshaften Realisierung ist dem Genre bereits in der Entstehung aus der improvisierten Ereignisstruktur des Happening und Action Painting bis hin zur menschheitsgeschichtlichen Prägung in der repetitiven Ausführung von Ritualen eingeschrieben. In der Aufführung von Performances im institutionellen Rahmen sind wir mit einem uns meist unbekannten künstlerischen Konzept konfrontiert, was einen sehr direkten Zugang zu unserer eigenen emotionalen und physischen Gegenwart schafft.

Mit den Performances von Bella Angora und Ronja Svaneborg im Rahmen von „Heimspiel“ dürfen wir zwei Uraufführungen in der zur Blackbox gewordenen Montagehalle des Kunstraum Dornbirn erleben. Im abgedunkelten Raum ist der Aufführungsort durch Spotlights klar definiert und stellt sich in Beziehung zu den anderen Lichtquellen der Ausstellung, den Werken andere Künstler*innen. 

Ronja Svaneborg: „I will be your space if you will be mine“, Performance, 2021/2022

25. Februar 2022, 18 Uhr

“Come in! Come in! Entrez! Kom ind. Vstopite! Entrare! Jöjjön be! Entrar! Binnenkomen! Přijít! Hereinspaziert! Lassen Sie sich von den Wänden willkommen heißen.

Join us, please, for an evening of wonders where questions of control and disorientation are served through narratives told by unlikely sources.

Who gets to speak? Can a speaker be artist, exhibition space, and audience simultaneously?
What is said if a voice is granted to something that doesn’t seem to need one? We will have to wait and see!“

(Ronja Svaneborg zu „I will be your space if you will be mine“)

Ronja Svaneborg, geboren 1985 in Thy, Dänemark, lebt und arbeitet in Sibratsgfäll, Vorarlberg. Die Künstlerin beschäftigt sich mit vorgefundenen Orten und der Frage nach unserer Form der Wahrnehmung. Welche Strukturen liegen der Wahrnehmung zugrunde? Wie kann man sie steuern, desorientieren oder neu definieren? Welchen Einfluss haben inhaltliche und historische Markierungen von Räumen auf unser Verhalten und wie kann man diese durch Wahrnehmungsverschiebung übersetzen oder transformieren? Wie kollektiv ist individuelle Erfahrung und welchen Stellenwert hat das Intime im kollektiven Gedächtnis? 

Svaneborgs konzeptueller Ansatz befasst sich mit dem, was dem Auge nicht sichtbar ist. Die grundlegenden Fragestellungen variieren in der Abstraktion. Dennoch sind sie in der menschlichen Realität verankert und in gesellschaftlichen Entwicklungen unterschiedlich stark sichtbar. Die Übersetzung von Erinnerung in Sound, der Gebrauch digital allgemein zugänglichen Materials zur Klangkollage oder die Thematisierung stereotyper Zuschreibungen sind beispielhafte Überthemen in Svaneborgs künstlerischer Praxis, die sich in den Medien von Installation, Sound, Performance und Skulptur manifestieren.

Bella Angora: „QUADRATUR DES KREISES oder GEKOMMEN UM ZU BLEIBEN oder ORPHEUS GEHT“, Performance, 2021/2022

26. Februar 2022, 18 Uhr

„Ein Plädoyer für ein friedliches Miteinander, für gegenseitiges Verständnis, für wohlwollende Akzeptanz von Unterschiedlichkeiten, für gemeinsame Entwicklung, für soziale Gerechtigkeit, für ein hoffungsvolles Voranschreiten, für Verantwortung gegenüber sich selbst und allem was uns umgibt, für ein Bewusstsein darüber, dass Grenzen nicht trennen können und sollen was verbunden ist und vor allem für die Liebe!
Als Kind gab es für mich zwei unglaublich grausame Vorstellungen, die eine war im Gefängnis/in Gefangenschaft zu sein, die andere war Krieg!“

(Bella Angora „QUADRATUR DES KREISES“)

 

Bella Angora, geboren 1968 in Bregenz, lebt und arbeitet in Wien. Kürzlich erhielt die Künstlerin den Ehrenpreis für Kunst des Landes Vorarlberg 2021. Ihr künstlerisches Repertoire entfaltet sich multimedial und genreübergreifend. Angoras Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Entwicklungen und Zuständen vollzieht sich symptomatisch und essentiell anhand ihrer selbst. Sie nutzt ihren Körper als Trägermaterial und Projektionsfläche. In ihren intensiven Performances lenkt sie den Blick dorthin, wo wir uns als Zuschauerinnen und Zuschauer wiedererkennen, identifizieren, unwohl fühlen und vielleicht auch verstanden. Angora thematisiert die großen Fragen unserer Zeit in berührenden, intimen und ausdrucksstarken Aktionen.

In ihrer neuen Performance „QUADRATUR DES KREISES oder GEKOMMEN UM ZU BLEIBEN oder ORPHEUS GEHT“ interagiert die Künstlerin mit Videosequenzen, die auf den Boden des Kunstraum Dornbirn projiziert werden. Thematisch beschäftigt sie sich mit der Frage, ob und wie die Menschheit die aktuellen Krisen und Herausforderungen, die sich auf unterschiedlichen Ebenen zeigen, bewältigen kann. Das Oxymoron „Quadratur des Kreises“ erscheint in Hinblick auf die aktuelle gesellschaftliche Problemstellung synonym für eine unlösbare Aufgabe.

Bella Angora begibt sich auf eine Suche nach Lösungsansätzen und verliert sich immer wieder in Absurditäten. Dabei mutieren geometrische Lichtmuster zum Navigationssystem im Nachtmodus, welches die Künstlerin wiederholt in die Irre führt. Selbstironische Statements prallen auf pathetische Gefühlsduseleien und fadenscheinige Gesellschaftsanalysen. Auf ihrer Odyssee begegnet sie Figuren aus der griechischen Mythologie, trifft auf Hollywood-Blockbuster-Szenen, oder dreht sich als weiblicher vitruvianischer Mensch in einer von Lichtlinien gezeichneten Erdgrafik. Eine modifizierte Refrainsequenz des Titanic-Titelsongs wird zum absurden Mantra auf einem Weg, dessen Ziel verloren scheint.

Performance / Idee / Konzept / Musik / Text: Bella Angora
Video / Foto: Sarah Mistura
Sound / Musik: Oliver Stotz

Gilgi Guggenheim: „deep light“, Video, 2021

Gilgi Guggenheim, geboren 1973 in Haifa, Israel, lebt und arbeitet in St. Gallen, Schweiz. Ihre Arbeit kreist inhaltlich um Reduktion und Leere in all ihren Erscheinungsformen und Deutungsweisen. 2016 gründete sie das „Museum of Emptiness“ als Gesamtkunstwerk. „Das MoE ist eine kuratorisch agierende Plattform, die in unterschiedlichsten Kultursparten Projekte initiiert, welche die Leere thematisieren, kontextualisieren und beinhalten“ (Gilgi Guggenheim).

Seit nunmehr neun Jahren manifestiert sich in ihren Werken die Reduktion der Malerei visuell konsequent in einer einzigen Geste: einem breiten Pinselstrich mit einem körpergroßen Zen-Pinsel. In ihrem aktuellen Werkzyklus geht Guggenheim in der formalen Reduktion noch einen Schritt weiter, indem sie den Strich ausschließlich mit Wasser auf leere Plätze oder Fassaden malt, wo er nach einer bestimmten Zeit unwiederbringlich verschwunden ist. „Es sind Momente einer Gegenwart, die als minimalst mögliche Geste zur Aufladung eines Ortes im Gedächtnis bleiben“ (Gilgi Guggenheim).

Im Kunstraum Dornbirn ersetzt die Künstlerin das Wasser und verwendet nur noch pures Licht. Diese immaterielle Bemalung des rohen Betonbodens der abgedunkelten historischen Montagehalle filmt sie bis zum kompletten Verschwinden der Lichtspur. Das Video wird anschließend für die Ausstellungsdauer auf den Boden projiziert und wiederholt damit im Loop und mit beinahe kontemplativer Haltung und Geduld die Betrachtung des Erscheinens und Vergehens.

Simon Kindle: „Handschlag (Thomas Häusle)“, Objekt, 2021

Simon Kindle, geboren 1983 in Vaduz, Fürstentum Liechtenstein, lebt und arbeitet in Luzern, Schweiz. Kindles künstlerische Arbeit entsteht aus der Erfahrung mit und in seiner Lebensrealität, mit einer gewissen ironischen Selbstdistanzierung und humorvollen Institutionskritik. Mit der Arbeit „Handschlag“ realisiert er ein neues Werk, welches die Konzeption der Ausstellung „Heimspiel“ thematisiert. Der Handumriss und die Armlänge von Thomas Häusle nimmt Kindle als Grundlage zur Schaffung eines Objektes mittels traditioneller Stuckaturtechnik. Als Direktor des Kunstraum Dornbirn und somit Kurator der länder- und institutionsübergreifenden Ausstellung „Heimspiel“ in seinem Haus, wählte Häusle die zehn partizipierenden Künstler*innen auf Grundlage der zentral gesammelten Bewerbungen aus. Mit „Handschlag“ wird dieser systemische Auswahlprozess auch für andere Beteiligungsformate in den Fokus gerückt. Die „Hand des Kurators“ entscheidet über die Sichtbarkeit von Künstler*innen und damit über ihren Erfolg, monetär und karrieristisch auf beiden Seiten – und das weltweit. Künstler*innen und Institutionen stehen durch diesen, individuell und persönlich geprägten Auswahlprozess seit jeher in einem Spannungsverhältnis, welches je nach Situation produktiv oder destruktiv sein kann.

Claudia Larcher: „Artificial Assistant No 2. The Baumeister Series 1.1-1.3“, Video, 2021

Claudia Larcher, geboren 1979 in Bregenz, lebt und arbeitet in Wien. Larchers Videoarbeit „Artificial Assistant No 2“ thematisiert das komplexe Spannungsverhältnis von Mensch und Maschine, konkreter gefasst von Künstler*in und der künstlerischen Produktion künstlicher Intelligenz (KI), im Zeitalter von allgegenwärtiger subversiver Wahrnehmungs- und Informationssteuerung durch Algorithmen. Es steht die Frage nach der Bedeutung und Bewertung des künstlerischen Genius zur Diskussion, während die derzeitige Entwicklung von Bedeutungszuschreibung und Wertbestimmung eines Kunstwerks sich, in manchen Bereichen durchaus mit beachtlichem Erfolg, von den gängigen Kategorien des Kunstmarkts und der Institution zu entfernen scheinen. Larcher speist ein „Generative Adversarial Network“, kurz GAN, mit Bildern ihrer Werkserie „Baumeister“ (2011-2021). Das Programm erstellt auf dieser Grundlage eigene Bilder, deren Genese im Video sichtbar wird.

Die künstlerischen Arbeiten Larchers entspringen einer konzeptiven Beschäftigung mit Architektur, mit ihrer Wirksamkeit, ihrem Nutzen und ihrer Funktion. Die Künstlerin spürt den geschichtlichen Markierungen von Räumen, deren Wahrnehmung im jeweiligen Zeitgeist und den narrativen Entwürfen in ihren medial vielfältigen Werken nach. In der Werkserie „Baumeister“ verwendet sie Architekturmagazine, entleert jedoch die Seiten vom Inhalt und lässt nur die dokumentarischen Fotografien von architektonischen Elementen und ganzen Bauwerken stehen. Die so entstehende Überlagerung fügt sie szenisch zu einer Collage zusammen, eingefasst in einen Holzrahmen. Diese collagierten Zusammenstellungen erzeugen neue, traumähnliche und verwinkelte Szenarien realer Räume und erzählen so eine neue Geschichte.

Ursula Palla: „Whiteout 3“, Video, 2020

Ursula Palla, geboren 1961 in Chur, Schweiz, lebt und arbeitet in Zürich. Pallas teils raumgreifende Videoinstallationen beschäftigen sich mit der Konstruktion von Wirklichkeit, was insbesondere im Video „Whiteout 3“ eine fast fiktive, dennoch reale Situation ergibt. Die Projektion auf den Boden versetzt die gewohnt horizontale Ansicht eines schneebedeckten Berges in die Vogelperspektive. Die Orientierung fällt schwer und die Landschaft wirkt abstrahiert und entrückt. Der Titel der Arbeit referiert auf das meterologische Phänomen „Whiteout“, das eine bestimmte Helligkeit beschreibt, die in Polargebieten oder im Hochgebirge bei Schnee in Kombination mit gedämpftem Sonnenlicht entsteht. Es ist keine Abgrenzung von Erde und Himmel mehr erkennbar, keine landschaftliche Erhebung, kein Orientierungspunkt. Das Videobild beginnt zu rotieren, bis es sich im Verlust der Kontur auflöst.

Stoph Sauter: „schonschön“, Video, 2020

Stoph Sauter, geboren 1963 in Dornbirn, lebt und arbeitet ebenda. Im Rahmen von „Heimspiel“ zeigt der Künstler seine Arbeit „schonschön“ auf einem Bildschirm an der Fassade des Kunstraum Dornbirn. Damit wird die Ausstellung in den öffentlichen Raum erweitert und erreicht Passant*innen in direkter, ungeplanter Begegnung. 

Sprache ist Sauters primäres Medium, mit welchem er sich konzeptionell auseinandersetzt. Das Spiel zwischen den Worten „schon“ und „schön“ basiert auf der einfachen phonetischen Unterscheidung des Buchstaben „o“ durch Hinzugabe des darüber liegenden Tremas, der beiden Punkte über dem „o“, die es zum „ö“ machen. Die Wortbedeutung wechselt sich durch das Erscheinen und Verschwinden des Tremas im Laufe des Videos ab und changiert so dauerhaft zwischen dem zeitlich konnotierten „schon“ und dem wertend verwendeten „schön“.

Aktivierung der Fassade – Kunst im öffentlichen Raum
Museen und Ausstellungsräume sind für fachfremdes Publikum in den allermeisten Fällen mit einer Schwelle versehen, deren Übertreten eine bewusste Entscheidung im Bemühen um kulturelle Teilhabe darstellt. Diese Schwelle baut der Kunstraum Dornbirn seit vielen Jahren durch die Kooperation mit der Inatura ab, welche es uns erfolgreich ermöglicht, Publikum außerhalb der eigenen Kommunikationskraft zu erreichen und zu begeistern. Darüber hinaus ist das Engagement für Kunst im öffentlichen Raum integraler Bestandteil der Programmatik des Kunstraum Dornbirn. Die Arbeit von Stoph Sauter bezieht mit der Positionierung an der Fassade der Ausstellungshalle den umliegenden Stadtgarten und die Passant*innen auf subtile, humoristische und fein pointierte Weise mit ein.  

Liddy Scheffknecht: "Raumfahrt" (Video, 2001) und "sun tube" (Video, 2015)

Liddy Scheffknecht, geboren 1980 in Dornbirn, lebt und arbeitet in Wien. Die Künstlerin lässt in ihren Arbeiten durch die Überlagerung von Zeit und Raum Bilder und Orte fast beiläufig entstehen und spielt dabei mit Wahrnehmung und Täuschung. Sie stellt die Grenzen von Film, Fotografie, Installation und Zeichnung auf die Probe. Für ihre Bildfindungen arbeitet sie im Spannungsfeld von Licht und Schatten, Bewegung und Stillstand sowie mit dem Mittel der inszenierten Illusion, welche sie herstellt, um sie im nächsten Moment wieder zu brechen. Darin spielt das Verhältnis von Zeit und Wahrnehmung eine essenzielle Rolle.

Die Videoarbeit „sun tube“ zeigt eine zusammengedrückte Farbtube, die in einem leuchtenden grünen Fleck ausgelaufen zu sein scheint. Der Farbfleck entwickelt jedoch zunehmend ein anfangs kaum wahrnehmbares Eigenleben: langsam wandert er über die Tischplatte. Es handelt sich dabei nicht um eine digitale Manipulation, sondern um die Einbeziehung des Sonnenlichts: Der Farbfleck ist ein Sonnenfleck, der durch das Anbringen einer grünen Folie am Fenster eingefärbt wurde. Zieht eine Wolke vor die Sonne, verblasst der Fleck langsam, zieht sie weiter, wird der Fleck weniger diffus. Das Sonnenlicht und die entstehende Reflexion werden zum plastischen Material.

Scheffknechts filmische Arbeit „Raumfahrt“ wirkt entrückt von irdischen räumlichen Parametern. In der Dunkelheit ist ein schmaler Lichtstreifen sichtbar, der sich stetig zu transformieren scheint. Nach einigen Momenten – sobald sich die Augen gewöhnt haben – erkennt man, dass dieser schmale Lichtstreifen einen Raum abtastet und sich das fragmentarisch Sichtbare durch die Bewegung ständig verändert.

Veronika Schubert: „Mindset“, Video, 2021

Veronika Schubert ist 1981 in Vorarlberg geboren, sie lebt und arbeitet in Wien. Schuberts Videoarbeit „Mindset“ trifft den Zeitgeist einer Generation – oder gleich mehrerer Generationen – bedenkt man, dass die Handhabung neuer Medien zwar den „digital natives“ in die Wiege gelegt wird, doch der Großteil der Rezipient*innen diverser Medien und sozialer Netzwerke gleichwertig mit Fake News, gephotoshoppten Idealkörpern und Konsumanweisungen konfrontiert ist. Und es gilt für Jede und Jeden, dass diese Konfrontation mit idealisierten Erwartungshaltungen eine grundsätzliche Einordnung und Distanzierung benötigt, die wohl die wenigsten wirklich erreichen. Schubert schafft in ihrer künstlerischen Arbeit eine humorvolle, selbstironische und doch allgemeingültige Reflexion des immersiven Medieneinflusses. Ihre Animation im Video „Mindset“ ist eine Bild- und Soundcollage von Werbung aus den Sozialen Medien. In einem tunnelartigen Labyrinth schweben wir durch schnell wechselnde Bildwelten, immer begleitet von Phrasen der Selbstoptimierung. 

„In meiner medialen Blase hätte es der Algorithmus sehr gerne, dass auch ich endlich dem Ideal entspräche. Eine Frau um die vierzig, da muss doch jetzt die Midlife Crisis kommen! Wo bleibt sie denn, die Suche nach dem Sinn des Lebens? Awareness um jeden Preis, Mindfulness auf Teufel-komm-raus und die volle Ladung Selfness!“ (Veronika Schubert)

Cristina Witzig: „Schattenspiel“, Video, 2021

Cristina Witzig, geboren 1971 in Santarém, Portugal, lebt und arbeitet in Weinfelden, Schweiz. Witzig beschäftigt sich mit unserem Umgang und der Wahrnehmung von Erinnerungen. Welche Auswirkungen haben diese auf unser Empfinden im Jetzt und was rufen sie hervor? Was veranlasst uns, uns zu erinnern?

In ihrem Video „Schattenspiel“ inszeniert die Künstlerin eine Hand, die, wie der Titel besagt, ein Schattenspiel vollführt. Sie präsentiert verschiedene Gegenstände, indem sie diese nach allen Seiten dreht. Jemand scheint sie zu begutachten, zu prüfen, sich vielleicht zu erinnern. Wie manch verblassende Erinnerung sind die Gegenstände im Schattenspiel nur als Umrisse zu erfahren, ihre konkrete, detaillierte Gestalt – Farbe, Haptik, Beschaffenheit und Dichte – bleibt uns verborgen.

Witzigs Umgang mit den Erinnerungsgegenständen stellt die Frage nach der Stellvertreterfunktion in der individuellen Biografie. Dinge werden mit Bedeutung aufgeladen, erinnern an bestimmte Lebensphasen oder Begegnungen, und werden mit der Weitergabe oder dem Vergessen mit einem anderen Inhalt überschrieben oder ausgelöscht. Ihnen wird ein persönlicher Wert zugeschrieben, der sich vom ökonomischen Produkt emanzipiert und der essenziell durch Emotionen erzeugt wird.

Bilder

Bella Angora: QUADRATUR DES KREISES. Performance am 26.2.2022, Foto Miro Kuzmanovic
vorne: Gilgi Guggenheim, hinten: Claudia Larcher, rechts: Veronika Schubert, Installationsansicht, Heimspiel, Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
Veronika Schubert: Mindset, Installationsansicht, Heimspiel, Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
Ronja Svaneborg: I will be your space if you will be mine, Performance am 25.2.2022, Foto Darko Todorovic
v.l.n.r.: Claudia Larcher, Cristina Witzig, Liddy Scheffknecht, Installationsansicht, Heimspiel, Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
Liddy Scheffknecht: Raumfahrt, 2001, Filmstill
Claudia Larcher: Artificial Assistant No 2. The Baumeister Series 1.1-1.3, Installationsansicht, Heimspiel, Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
Claudia Larcher: Ornament is Crime, Installationsansicht, Heimspiel, Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
vorn: Ursula Palla, v.l.n.r. Cristina Witzig, Liddy Scheffknecht, Claudia Larcher, Veronika Schubert, Installationsansicht, Heimspiel, Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
Stoph Sauter: schon schön, Installationsansicht, Heimspiel, Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
Simon Kindle: Handschlag (Thomas Häusle), Installationsansicht, Heimspiel, Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
v.l.n.r.: Ursula Palla, Cristina Witzig, Liddy Scheffknecht, Claudia Larcher, Veronika Schubert, Gilgi Guggenheim, Installationsansicht, Heimspiel, Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
Liddy Scheffknecht: sun tube, Installationsansicht, Heimspiel, Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
Cristina Witzig: Schattenspiel, Installationsansicht, Heimspiel, Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
Bella Angora: QUADRATUR DES KREISES. Performance am 26.2.2022, Foto Miro Kuzmanovic
Bella Angora: QUADRATUR DES KREISES. Performance am 26.2.2022, Foto Miro Kuzmanovic
Bella Angora: QUADRATUR DES KREISES. Performance am 26.2.2022, Foto Miro Kuzmanovic
Ronja Svaneborg: I will be your space if you will be mine, Performance am 25.2.2022, Foto Darko Todorovic
Ronja Svaneborg: I will be your space if you will be mine, Performance am 25.2.2022, Foto Darko Todorovic
Ronja Svaneborg: I will be your space if you will be mine, Performance am 25.2.2022, Foto Darko Todorovic
Ronja Svaneborg: I will be your space if you will be mine, Performance am 25.2.2022, Foto Darko Todorovic
Ronja Svaneborg: I will be your space if you will be mine, Performance am 25.2.2022, Foto Darko Todorovic

Pressebilder

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Installationsansicht "Heimspiel", Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
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Bella Angora: QUADRATUR DES KREISES. Performance am 26.2.2022 im Rahmen von "Heimspiel", Kunstraum Dornbirn, Foto Miro Kuzmanovic
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Gilgi Guggenheim: „deep light“, Installationsansicht "Heimspiel", Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
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Simon Kindle: „Handschlag (Thomas Häusle)“,Installationsansicht "Heimspiel", Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
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Claudia Larcher: "Ornament is Crime", Installationsansicht "Heimspiel", Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhart
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Claudia Larcher: „Artificial Assistant No 2. The Baumeister Series 1.1-1.3“, Installationsansicht "Heimspiel", Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
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Ursula Palla: „Whiteout 3“, Installationsansicht "Heimspiel", Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
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Stoph Sauter: „schonschön“, 2020, Installationsansicht "Heimspiel", Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
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Liddy Scheffknecht: „Raumfahrt“, 2001, Filmstill, Copyright Liddy Scheffknecht / Bildrecht Wien 2021
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Liddy Scheffknecht: „sun tube“, 2015, Filmstill, Copyright Liddy Scheffknecht / Bildrecht Wien 2021
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Veronika Schubert: „Mindset“, Installationsansicht "Heimspiel", Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
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Ronja Svaneborg: I will be your space if you will be mine, Performance am 25.2.2022 im Rahmen von "Heimspiel", Kunstraum Dornbirn, Foto Darko Todorovic
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Installationsansicht "Heimspiel", Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
3 MB | JPEG | 2953×1969px
Cristina Witzig: „Schattenspiel“, Installationsansicht "Heimspiel", Kunstraum Dornbirn, Foto Anna-Tina Eberhard
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